Chronik

Aus der Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Gessertshausen

"Es war im Frühjahr und Sommer des Jahres 1873, als das Kgl. Bezirksamt Augsburg die unterstellten Gemeinden ermunterte und aufforderte, freiwillige Feuerwehren ins Leben zu rufen", so beginnt die im April 1882 verfaßte Geschichte über die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Gessertshausen. Schon aber irrt der Chronist der damaligen Zeit, wenn er behauptet: "Die Gemeinde Gessertshausen, andern Gemeinden nie nachstehend, wo es gilt, Edles und Nützliches zu schaffen, war eine der ersten, die den Wünschen und Anforderungen Ihres vorgesetzten Amtes nachkam." Immerhin war Gessertshausen nicht unter den ersten Gemeinden und es bedurfte außerdem einiger massiver Mahnungen – wie schon in der Gemeindechronik berichtet – im kgl. Bezirksamtsblatt. Dafür aber ging die spätere Entwicklung dann steil nach oben. Die Chronik berichtet dann weiter: „Bereits am Kirchweihmontag (20. Oktober 1873) war es, als eine Versammlung zu dem Zwecke berufen und abgehalten wurde, die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr zu beraten und zu beschließen. Nicht lange währte es, als schon die Gründung einstimmig beschlossen und die Liste zur Einzeichnung aufgelegt wurde, befolgend den Dichterspruch: "Der Worte sind genug geschehen, nun laßt uns einmal Thaten sehen". Die Subscription war so zahlreich, daß sieh der Verein sofort constituieren konnte, da 36 Mitglieder beitraten. Das Institut war jetzt geschaffen, man hatte ein fertig gebautes Haus, aber ohne innere Einrichtung. Außer einer ziemlich guten Löschmaschine waren andere Geräte soviel wie keine vorhanden. Sollte die neugegründete Feuerwehr praktischen Werth haben, so mußte natürlich vor Allem daran gedacht werden, die Leute mit den nöthigsten Requisiten zu versehen. Erstaunlicherweise hatte man bei dieser Arbeit keine besonderen Schwierigkeiten zu überwinden, da im Gegentheile die Gemeinde sowohl, als auch die bessersituirten Einwohner in dankenswerther Weise namhafte Beiträge zur Anschaffung von Löschutensilien leisteten. Die Gemeinde beitritt die Kosten für den Requisiten-Wagen und für Schläuche, während sie auch sonst noch einen Geldbetrag leistete. Von den besserbemittelten Bürgern schenkte jeder zehn Gulden. Auch mehrere Ehrenmitglieder erfreute sich der junge und lebensfrische Verein. Das Kloster Schönenfeld leistete gleichfalls einen einmaligen Beitrag von fünfzehn Gulden. Die ordentlichen Mitglieder zahlten vorerst 8 Kreuzer monatliche Auflage. Zu den Ehrenmitgliedern zählten die angesehensten und einflußreichsten Herren (Pfarrer, Lehrer, Bahnbedienstete pp.). Der Umstand, daß die Honoratioren des Orte. es nicht unter Ihrer Würde fanden, den Verein zu unterstützen und Ihr Wohlwollen demselben angedeihen Iießen, trug zur Hebung desselben nicht wenig bei."

Bierhumpen und Trinkhorn 

Es war also am 20. Oktober 1873, als die Männer Gessertshausens die Freiwillige Feuerwehr Gessertshausen gründeten. Als Vorstand wurde Josef Kraus (Stapfenbauer) und als Kommandant Drechselmeister Georg Schretzmaier gewählt. Das Feuerwehrhaus und eine Löschmaschine waren immerhin schon vorhanden, während sich andernorts die Männer noch mit Löscheimern und Kübelspritzen bei der Brandbekämpfung begnügen mußten. Umgehend wurden dann folgende Gerätschaften noch beschafft: "Requisitenwagen, die nötigen Hanfschläuche, eine Schubleiter, vier Dachleitern, zwei Hakenleitern, Messinghelme, Steigerbeile, Gurten, Rettungsleinen." Geübt wurde anfänglich fleißig fast allwöchentlich. Gelöscht wurde aber auch der Durst, denn schon im ersten Inventarverzeichnis der Wehr findet sich ein Trinkhorn und eine Gesellschaftsfahne sowie ein Bierhumpen, aufbewahrt bei Brauer Schimpfle. Es nimmt nicht weiter Wunder, wenn bei Schaffung einer solchen Neuerung auch Gegner sich einfinden. Dazu weiß die Chronik zu berichten: "Wohl fehlte es der freiwilligen Feuerwehr und auch jetzt noch nicht an Gegnern und Spöttern, wie ja überhaupt alles Gute darauf gefaßt sein muß. Doch beunruhigte sieh dieselbe nicht im mindesten darüber eingedenk dei Spruches: Die schlechtesten Früchte sind es nicht an denen die Wespen nagen." Schon kurze Zeit nach der Gründung scheint die Uneinigkeit in der Mannschaft geherrscht zu haben, wenn die Chronik über die erste bezirksamtliche Inspektion am 1. September 1878 berichtet: "Während bei der ersten Inspektion der böse Dämon der Disharmonie unter den Chargirten und Mitgliedern theilweise störend wirkte, sprach der Herrn Inspizierende insbesondere bei letzterer Besichtigung seine volle Zufriedenheit über die Leistungen der Leute aus". Im April 1882 offenbart der damalige Schriftführer Josef Zimmermann dann erneut: "Wenn vor 3 1/2 Jahren auch eine kurze Zeit der Glanzstern der Feuerwehr etwas zu erbleichen schien, welcher Umstand seinen Grund vorzugsweise in den damals unter den Chargierten entstandenen Mißhelligkeiten hatte, so steht der Verein heute einiger und kräftiger da als je, ja im höchsten Flore seit seiner Existenz, denn heute zählt der Verein 85 actlve Mitglieder." Schon recht bald hatte die Wehr Gelegenheit, ihre in vielen Übungen erworbenen Kenntnisse in der Praxis zu erproben. In zehn Jahren mußte die Wehr fünfzehnmal ausrücken. So schon 1874 nach Diedorf und Deubach. Am 15. Mai 1875 brach abends in Gessertshausen selbst ein Brand aus, der wegen der Windverhältnisse und der eng nebeneinanderliegenden Gebäude in kurzer Zeit sich auf acht Gebäude ausdehnte, ja es hatten schon die über der Straße gelegenen Häuser zu brennen angefangen. Das Wohnhaus mit Getreidestadel seinen und Wagenremise des Bauern Josef Nerz, das Wohnhaus des Krämers Josef Vogg (heutiges Anwesen Dichtl) und das Wohnhaus mit drei Nebengebäuden des Bauern Anton Förg wurden dabei völlig zerstört und eingeäschert. Der Chronist vermutete bei diesem wohl größten Brand in der Geschichte Gessertshausens Brandstiftung, und vermerkt weiter: "Der damalige Adjudant Karl Schmid kränkelte bald nach den großen Strapazen und Erkältungen, die er als Schlauchführer dabei erlitt und starb 1 1/2 Jahre darauf an Lungenschwindsucht." Weitere Brandhilfe leistete die Wehr: 1876 in Margertshausen, 1877 in Margertshausen (Lorenz Reithmayer) und in Deubach (Sebastian Reitmayr), 1878 in Oggenhof, 1879 in Ustersbach und Aretsried, 1880 in Margertshausen gleich viermal (Anwesen Köbler, Anwesen Gschwilm, Anwesen Schreiögg, Anwesen Kranzfelder), 1881 in Margertshausen ("beim Zimmerjakeie"), 1882 wieder in Margertshausen (Anwesen Benkhard und Sirch). Schon aus dem ersten Brandbericht in Deubach geht hervor, daß sich die Wehren damals mehr um die Erhaltung der Nachbargebäude kümmern mußten als um das Brandobjekt, oft jedoch steht bei auswärtigen Bränden vermerkt - was einen nicht verwundert bei der damaligen Alarmierung und Fahrtmöglichkeit - : Bis man jedoch dort ankam, gab es für uns nichts mehr zu tun, nach Erfrischung der Leute begab man sich hierauf wieder heim." Interessant ist dabei auch die Tatsache, daß innerhalb eines Zeitraums von 1 1/2 Jahren sechs Brände in Margertshausen verzeichnet sind, "sehr wahrscheinlich von ruchloser Hand wurde der Brand gestiftet". 

Helm mit Roßhaarbusch 

Wie schon erwähnt war 1876 das Feuerwehrhaus erbaut
 worden. Besonders hebt der Chronist der damaligen Zeit in
 den ersten 10 Jahren nach der Gründung hervor "die Verdienste des Leiters und Führers des Vereins, Vorstand Josef Kraus, der diese ehrenvolle, aber auch manchmal undankbare Stelle mit Umsicht und Hingebung bekleidet. Keine Mühe, kein Opfer an Zeit und Anstrengung sind ihm zuviel, wenn er die Sache der Feuerwehr fördern kann. Selbst pekuniäre Opfer scheut er nicht. So hat z.B. Herr Vorstand Kraus seinen Messinghelm mit Roßhaarbusch aus eigenen Mitteln angeschafft und denselben für den Fall seines dereinstigen Austrittes dem Verein geschenkt.“ Das Leben im Verein und bei der aktiven Mannschaft spielte sich fast so wie heute ab: Generalversammlungen, Frühjahrs- und Herbstübungen, Ausflüge, Gesellschaftsabende und Faschingsbälle, zu denen allerdings ohne "Feuerwehrcocarde" kein Eintritt gewährt wurde. Bei Todesfällen von Ehrenmitgliedern mußten 12 Mann und von aktiven Mitgliedern mußte "das ganze Corps in pleno ausrücken und dem Verstorbenen das Ehrengeleit bei dessen Beerdigung" geben. Sehr streng waren damals noch die Bräuche, denn in einer Ausschuß-Sitzung am 9.4.1882 wurde beschlossen, nachdem die Übungen offensichtlich nicht gerade glänzend besucht waren, "daß derjenige, welcher zweimal hintereinander ohne Entschuldigung von den Übungen fernbleibt, 20 Pf. Strafe in die Vereinskasse zu zahlen hat, wer dies dreimal thut, wird vom Verein ausgeschlossen." Recht interessant ist übrigens die Frage der Musikerbezahlung bei Faschingsbällen gelöst worden: Die Musiker mußten nämlich von den Tänzern selbst bezahlt werden und zwar mit 10 Pf. pro Tour. Dafür hatten "die Musiker In jeder Stunde 4 Touren aufzuspielen". Erst dann, wenn der Besuch des Balles recht flau war und entsprechend die Musiker wenig verdient hatten, bezahlte der Verein einen Ausgleich aus der Vereinskasse. 

Fahnenweihe beim X. Gründungsfest 

Das Jahr 1883 brachte vorerst keine Gründungsfeier, sondern am 20. Mai (Fronleichnamsfest) einen Waldbrand im Waldbesitz des Vorstandes Josef Kraus. Infolge der großen Trockenheit und eines offensichtlich starken Windes erstreckte sich der Brand über eine Fläche von rund 3 ha. Acht Tage nach diesem Ereignis wurde schon wieder der Einsatz notwendig, als am 30.5.1883 im Stadel und Viehstall des Mühlenbesitzers Schmid Wilhelm in Deubach der Blitz einschlug. Am 10.8. dann brannte es wieder einmal in Margertshausen im Ziegelstadel, worauf auf das Sturmgeläut in Margertshausen sich die hiesige Feuerwehr sofort dorthin sich begab." 

Schon damals handelte man nach dem Grundsatz "Man muß die Feste feiern wie sie fallen!" und so wurde auch das 10-jährige Stiftungsfest gebührend gefeiert: "Morgens bei Tagesanbruch Böllersalven, vormittags probeweise Vorübung des Corps, nachmittags Hauptübung des gesamten Corps mit zweimaligen Operationen, die jedesmal mit Dachbesteigung und Spritzen am Brandobjekt Ökonomiegebäude des Brauers Schimpfle vor sich gingen. Zum Gründungsfeste wurde der Feuerwehr von einem unbekannt sein wollenden Gönner derselben eine schöne Vereinsfahne geschenkt, welche die Inschrift trägt "X. Gründungsfest". Trotzdem der Name des hochherzigen Gebers nicht genannt und nicht bekannt gegeben wurde, so wurde doch als solcher Niemand anderer bezeichnet als der Herr Vorstand des Vereins Josef Kraus. 
Am Portal der Schimpfleschen Wirthschaft angelangt, hielt der
 Zug an, worauf die Fahne von dem Sohn des Schmiede
meisters Johann Schmid unter Vortragung eines passenden
 Widmungsgedichtes der Wehr feierlich übergeben wurde." Hier 
taucht erstmalig in der Chronik der Name Schmid auf, eine
 Familie, die sich ununterbrochen bis in die heutige Zeit
um die Feuerwehr nicht nur im örtlichen Bereich sehr verdient
 gemacht hat. Natürlich schloß sich der Fahnenübergabe ein
 Festessen mit anschließender Unterhaltung an, zu welcher
 Musiker aus Margertshausen und Wollishausen aufspielten. "Bel eintretender Dunkelheit fand ein schönes Feuerwerk statt, das Herr Schmiedemeister Schmid abbrannte. Die Königsbüste strahlte in prächtigem Transparente und Herr Commandant Schimpfle A. toastete auf den erhabenen Protektor der Bayer. Feuerwehren, Seine Majestät König Ludwig, In dessen am Schlusse dargebrachten Hoche die Versammlung begeistert einstimmte.“ Der damalige Kommandant Anton Schimpfle übrigens wurde zusammen mit dem Ökonom Johann Barth als Gründungsmitglied der Wehr 1914 zum Ehrenmitglied ernannt. In den folgenden Jahren nach dieser Feier des 10-jährigen Gründungsfestes blieb es bei der Wehr verhältnismäßig ruhig. Eine Neuerung gab es allerdings bei einem Brand in Diedorf am 23. 1. 1884, als die Mannschaft dorthin "mit dem abgehenden Postzug fuhr, wobei Fahrtfreiheit zugestanden wurde." In diesem Jahr nahm die Wehr übrigens noch an einem Brand in Wollishausen (Anwesen Sebastian Kastner) "am Spritzengeschäft Theil". Zweimal wurde die Herbstübung im Jahre 1885 verschoben wegen "fortgesetzten Regens und ungünstiger Witterung, um nachtheiligen Folgen für die Gesundheit der Leute vorzubeugen, weil auch die Unterstützungskasse in solchen Fällen unbegründeter Weise in Anspruch genommen werden würde". Durch Rauchwolken wurde man 1887 auf ein Feuer in Anhausen aufmerksam und "gab sodann Glockensignal". Nach dem Bericht zu diesem Brand erhielt die Löschmaschine ihr Wasser "durch Zuführen aus dem Bache mittels Jauche-Fässern". 

Alarmierung durch Trompetensignale ... 

Der beim 10-jährigen Gründungsfest so lobend erwähnte Vorstand Kraus Josef verstarb 1888 und an seine Stelle trat der Schmiedemeister Johann Schmid, der bis 1895 die Geschicke der Wehr leitete. Schon fünf Minuten nach dem Feueralarm durch Glocken- und Trompetensignale - erstmals taucht diese Alarmierungsmöglichkeit in den Brandberichten auf - war die Wehr beim Totalbrand im Anwesen Gayer (Hs.-Nr. 36) in Gessertshausen am 24.08.1892 zur Stelle, während trotzdem das ganze Haus in Flammen aufging. Völlig zerstört wurde auch das Anwesen Nr. 29 in Gessertshausen des Theodor Gleich bei einem Brand am 23. 4.1893, kein Wunder, wenn man immer wieder von Strohdächern liest, die sich natürlich sehr leicht entzündeten. Anläßlich dieses Brandfalles "zeigte es sich wiederholt, daß die Anwendung von Saugspritzen sehr vortheilhaft und deren Anschaffung zu
empfehlen sei". An der Spitze des Vereins gab es 1894 einen
 Wechsel, als der Söldner Johann Barth als Vorstand und
 Johann Schmid als Kommandant gewählt wurden. Ersterer
 behielt das Amt bis 1904, wo er dann durch den Ökonom
 Josef Stuhler abgelöst wurde, während Johann Schmid sein
 Amt bis 1919 inne hatte. Am 11. Jänner 1896 beschloß man,
"zum Bestehen des 25 Jährigen deutschen Reiches keine
 Festlichkeit zu veranstalten." Am 21.07.1897 brannte es wieder
einmal in Margertshausen, während durch Entzündung von Funken aus den Lampen am 1. 8. 1897 in der Bahnhofs-Restauration des Josef Kastner ein Brand ausbrach, der mit Erfolg bekämpft wurde, was vor allem deswegen möglich war, weil ein Großteil der Feuerwehrmänner beim Brandausbruch in der Wirtschaft Geselligkeit pflegte. Fast ein Jahr zu spät wurde am 16. April 1899 das 25-jährige Gründungsfest in einfacher Weise gefeiert, jeder Feuerwehrmann erhielt eine Maß Bier, die Kosten für Musik, die "der Musiker Klein aus WolIishausen zu produzieren hatte", übernahm die Gemeinde. Am Vormittag wurden für 25-jährige Dienstzeit an folgende Wehrmänner Ehrenzeichen verteilt: Johann Barth, Xaver Kranzfelder, Josef Eisenschmid, Lorenz Trieb, Josef Zimmermann und Anton Gayer. Bei einem einen Monat später im Anwesen Stuhler in Dietkirch (Getreidestadel) infolge Blitzschlages entstandenen Brand wurde vom Kommandanten ganz energisch die Anschaffung einer neuen Saugspritze gefordert, "als die alte Druckspritze bereits größere Mängel zeigt". Diese Forderung wurde anläßlich des Totalbrandes im Anwesen Vogg am 29. 6. 1899 (ebenfalls Blitzeinschlag) wiederholt. Der Erfolg dieser Forderung ließ nicht lange auf sich warten. Am 26. 5. 1900 erhielt die Wehr eine von der Gemeinde um 1450 Mark gekaufte Löschmaschine. Anlaß wiederum zu einer Feier, zu der die Brauerei Schimpfle Freibier spendierte. Man kann sich allerdings eines Schmunzelns nicht erwehren, wenn man in der Chronik dann urplötzlich liest „daß die freiwlllige Feuerwehr wieder einen Schritt weiter getan hat denn sie besitzt jetzt 2 Maschinen von welchen die ältere noch sehr gut arbeitet." 

30 Jahre nach Gründung der Feuerwehr zählte der Verein 82 Mitglieder und 3 Ehrenmitglieder. Wie schon erwähnt brachte die Neuwahl 1904 eine Änderung, zum Vorstand wurde der Ökonom Josef Stuhler gewählt. der dieses Amt bis zu seinem Tode 1930 bekleidete. Obwohl das Protokollbuch über Einzelheiten wie „wegen vorgerückten Alters ausgetreten und gestorben" oder "wegen andauernder Nachlässigkeit im Dienste und außerdienst ungehörigen Verhaltens ausgeschlossen" über die Mitglieder berichtet, fehlen irgendwelche Hinweise auf das Jahr 1908. in dem offensichtlich die Fahne geweiht wurde. die heute der Wehr noch dient. Sehr ausführlich werden im Dienstbuch dagegen die Brandberichte behandelt, so der Brand einer Scheune bei Wilh. Albrecht in Oberschönenfeld am 26. 3. 1911 . Bei diesem Brand "wurde die vollständig verkohlte Leiche eines Mannes gefunden, derselbe ist nicht bekannt". Leider fehlen Angaben über das weitere Schicksal dieser Leiche. Weiter fehlen dann Angaben über die Feier eines 40-jährigen Gründungsfestes. viel wichtiger schien indes dem Chronisten die Tatsache, daß der Feuerwehrsteiger Anton Zimmermann sich eine "Handrückenquettchung zuzog durch eine Leiter". Übrigens scheinen die Unfälle innerhalb der Wehr nicht zahlreich gewesen zu sein, nur im Jahre 1930 ist die Rede von einer Mandelentzündung des Spritzenmannes Lorenz Vogg, durch Erkältung zugezogen bei einem Stallbrand in der Mühle in Deubach . und einer "Erkältung des II. Fußes des Kommandanten Ivo Wörle". Zum Kommandanten wurde ansonsten 1919 der Bäckermeister Ludwig Kranzfelder gewählt, der jedoch schon 1923 durch den Zimmmermeister Ivo Wörle abgelöst wurde. In diesem Jahr wurde Herr Johann Schmid, der inzwischen auch zum Bezirksvertreter befördert worden war. zum Ehrenkommandanten und die Mitglieder Andreas Geßler, Josef Singer und Josef Zoller zu Ehrenmitgliedern ernannt. Ein wesentlicher Punkt 1922 war die Bekanntgabe der „Bestimmung über die Benützung von Fahrrädern und Motorrädern im Feuerwehrdienst"! Nicht auszumalen ist der Schaden. der anläßlich eines Brandes des Transformatorenhauses im Sägewerk Trautwein in Gessertshausen (heutige Fa. Molfenter) entstanden wäre. wenn die Wehr nicht sofort eingegriffen hätte. 

Nach dem "neuesten Exerzler-Rekleman" wurden die Übungen zur Gestaltung der 50-Jahrfeier am 22. 7. 1923 begonnen. Erinnern wir uns an die schwere Zeit der Inflation (immerhin mußte beim Faschingsball damals ein Tänzer mit Dame 200 Mark, für jede weitere Dame 50 Mark und ein Nichttänzer 100 Mark zahlen, während die Gaderrobe 10 Mark pro Person betrug!), so wundert es einen nicht, wenn von den "damaligen schwierigen Verhältnissen" die Rede ist. Trotzdem fand ein Festumzug statt und ein gemütlicher Nachmittag mit den obligaten Festreden und Ehrungen. Während man noch im Sommer 1932 vergnügt in der Brauereigaststätte Schimpfle feierte , gab es dort zwei Monate später einen Totalbrand im Ökonomiegebäude infolge eines Defekts in der elektrischen Leitung. Neben der Feuerwehr aus Augsburg beteiligten sich an den Löscharbeiten acht Feuerwehren der Nachbarorte mit insgesamt 200 Feuerwehrleuten und zehn Löschmaschinen, die letztlich alle in Tätigkeit waren. 

Ab dem Jahre 1931 leitete als Vorstand Leo Schmid die Geschicke des Vereins, der 1934 durch Georg Mayer abgelöst wurde, der übrigens zusammen mit Herrn Franz Schweigert 1961 zum Ehrenmitglied bzw. Ehrenvorstand ernannt wurde. Ab dem Jahre 1935 fanden keine Wahlen mehr statt, Dienstgrade wurden nur bestimmt, meldet ganz einfach das Dienstbuch, eine Folge des Nationalsozialismus. Im Frühjahr 1933 brannte ·beim Mühlenbesitzer Anton Geßler ein Stadel völlig ab, während "beim Wasserüberfluß der Schmutter es möglich wurde, den nebenanliegenden Stadel zu retten". Wegen den damaligen Zeitverhältnissen wurde das 60-jährige Gründungsfest nur in ganz bescheidenem Rahmen abgehalten, "weil zurückkommend auf das 50-Jährige Gründungsfest sich jedes Mitglied noch erinnern kann, mit welchen Schwierigkeiten man damals zu tun hatte es sei nur nebenbei bemerkt, daß dortmals ein Liter Bier 18000 Mark kostete", vermerkt die damalige Vorstandschaft. Anläßlich dieser Feier wurde das einzige noch lebende Gründungsmitglied Johann Barth verständlicherweise besonders geehrt (dieses Ehrenmitglied ist 1937 verstorben). Schon bei der Generalversammlung 1936 ist das Werk eines Adolf Hitler zu spüren, wenn die Versammlung des großen Führers und Kanzlers Adolf Hitler mit einem dreifachen Sieg-Heil gedachte und Anweisungen über den Luftschutz erteilt wurden.

Frauenabteilung vertritt Feuerwehrmänner 

Nachdem der bisherige Hauptmann Martin Förg (nicht mehr Kommandant) als Bürgermeister bestimmt worden war, wurde Herr Johann Schmid zum Hauptmann ernannt, der sich in den kommenden dreißig Jahren um die Freiwillige Feuerwehr Gessertshausen mehr als verdient gemacht hat. In den Niederschriften der Wehr spürt man in den folgenden Jahren schon allein an der Kürze der Berichte den Niederschlag des ,,1000- jährigen Reiches": 1936: Aufstellung einer Wache von 24 Mann zur Verdunklung. 1937: Neugliederung der Wehren und Umbenennung in Feuerlöschpolizei, Erscheinen in Uniform zu den Versammlungen wird Vorschrift, erneute Aufstellung einer Wache zur Verdunklung. 1938: Übergabe einer neuen Motorspritze an die Wehr, gekauft bei der Fa. Magirus in Ulm, verbunden mit der Aufforderung, "treu zusammenzustehen, um Volk und Land zu dienen", 1939: Aufforderung des Reichsführers und Chefs der deutschen Polizei zur Beteiligung am Tag der deutschen Polizei, Beteiligung der Wehr an der Geburtstagsfeier des Führers, Löscharbeiten beim Brand in Wollishausen (Rapp Josef), Durchführung der Verfügung des Landesverbandes (nachdem 14 Wehrmänner zum Heer eingezogen waren), daß sich die HJ am Feuerwehrdienst beteiligen muß (die Beteiligung und das Interesse ließ allerdings sehr zu wünschen übrig!). 1940: Sammlungen für WHW (Winterhilfswerk), Arbeiten bei Hochwasser in Burgwaiden, Beteiligung der Feuerlöschpolizei unter ihrem "Wehrführer" Schmid beim Großbrand von fünf Waggons mit Stroh auf der Bahnstrecke Kutzenhausen-Gessertshausen. 1942: Alarm der aktiven Mannschaft anläßlich eines Fliegerangriffs auf Augsburg (18. 4.) und auf München (18. 12.); die Wehr zählte damals 40 aktive Mitglieder und 12 Reserveleute. 1943: Dreifaches Sieg-Heil auf die siegreiche Wehrmacht und den Führer, Verstärkung der Wehr durch vier HJ-Mitglieder, Bereitschaftsdienste, Rundschreiben der Gemeinde mit Aufforderung an junge Mädchen, sich zum Feuerwehrdienst zu melden (mit der Ausbildung wurde sogar sofort begonnen. 1944: Brand einer Scheune in Dietkirch (Stuhler Josef) unter Einsatz einer zweiten Spritze der "Ortsgruppe Gessertshausen" (ebenso beim Brand einer Scheune bei Franz Weber in Gessertshausen). Am 26. 2. 1944 wurde die Wehr anläßlich des Fliegerangriffs nach Augsburg gerufen, wo sie bei den Löscharbeiten vor allem an der Barfüßerkirche mithalf ,bis die Motorspritze einen Schaden erlitt. Von dieser Zeit an wurde die Wehr laufend in Augsburg und München eingesetzt. An den beiden Brandarbeiten in Gessertshausen in diesem Jahr beteiligten sich übrigens auch die 16 Helferinnen der Frauenabteilung und eine Abteilung der Flak aus Oberschönenfeld. Immerhin setzte sich die Wehr in diesem Jahr aus 18 aktiven Mitgliedern, 16 Helferinnen der Frauenabteilung und 10 Mann der Altersabteilung zusammen, das Fähnchen der 44 Aufrechten. Über das Kriegsende findet sich kein Vermerk in den Büchern der Wehr, doch hatte auch in Gessertshausen der Krieg seine Wunden geschlagen und auch Lücken gerissen in die Reihen der Feuerwehrmänner. Den Gefallenen dieses Weltkrieges gilt an dieser Stelle unser besonderes Gedenken. Das Leben mußte weitergehen und mit Freude nahm man innerhalb der Wehr von der Aufforderung der Militärregierung Kenntnis, nun wieder wie früher Wahlen durchzuführen, so wurde 1945 Georg Mayer als Vorstand, Hans Schmid als Kommandant, Anton Dichtl als Kassier und Franz Schweigert als Schriftführer gewählt. In diesem Gremium gab es nur 1947 eine Änderung, als Anton Walter als Kommandant gewählt wurde, weil Johann Schmid nach seiner Wahl in den Kreisausschuß diesen Posten zurückgegeben hatte. Zu spüren ist das Kriegsende interessanterweise wieder am Schluß der Generalversammlung beim Wahlspruch: Einer für alle, alle für einen, Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr. Einen Vorteil hatte die Kriegszeit auf jeden Fall der Wehr im Alarmierungssystem gebracht, denn beim Brandbericht am 11. 1. 1952 (Schuhmacherwerkstätte des Herrn Reinhold Klein im Anwesen Schweigert) ist auf die Frage "auf welche Weise erfolgte der Feuerlärm?" vermerkt: „durch Sirene." 

Inzwischen war Herr Lorenz Trieb zum Kommandanten gewählt worden, der zusammen mit Vorstand Georg Mayer, Bürgermeister Johann Kraus, Brandmeister Schmid, Oberlehrer Lampart und den Herren Anton Dichtl und Mathias Gastel den Festausschuß zum 80-jährigen Gründungsfest 1953 bildete. Dieses Fest, an dem übrigens auch der verstorbene Landrat Kaifer teilnahm, wurde in bescheidener Weise gefeiert: nach dem Festgottesdienst und der anschließenden Heldenehrung auf dem neuen Friedhof Mittagsmahl in der Gaststätte Schimpfle, anschließend Empfang der geladenen Vereine und Feuerwehren, dann gemeinsame Einsatzübung unter Beteiligung der Werkfeuerwehr der Fa. Molfenter, dann die üblichen Festreden und ·zum Abschluß der gemütliche Teil, untermalt durch heitere Gedichte, vorgetragen durch die Festjungfrauen Bergmeir Regina, Gschwilm Waldi und Gastel Hannelore. 

Die folgenden Jahre verliefen ohne besonderen Höhepunkte. Für 50-jährige Dienstzeit wurden 1955 August Scholz und Josef Trieb und 1956 Johann Motzet ausgezeichnet, während die Wehr zum 75-jährigen Gründungsfest der Freiwilligen Feuerwehr Wollishausen im Jahre 1957 die Patenschaft übernommen hatte. Nach 10-jähriger Tätigkeit als Kommandant wurde Lorenz Trieb an 1959 durch den heutigen Vorstand Martin Mayer in seinem Amte abgelöst. Das Jahr 1961 brachte nicht nur eine Änderung in der Vorstandschaft, als Johann Dichtl zum Vorstand, der viel zu früh verstorbene Johann Kastner zum Kassier und Andreas Kraus zum Schriftführer gewählt wurden, in diesem Jahr wurde auch die gekaufte Spritze "Bachert-Automatic TS 8/8" durch Pfarrer Holzmann geweiht und der Bestimmung übergeben. Zwar war die erste Schauübung wegen eines heftigen Schneegestöbers nicht erfolgversprechend, aber diese Spritze hat sich in den Jahren seither glänzend bewährt. In den folgenden Jahren verbesserte die Wehr vor allem ihren Ausbildungsstand durch Erringung der Leistungsabzeichen in Bronze, Silber und schließIich in Gold. Im Übrigen traten auf Grund eines eindringlichen Appells der Wehr und der Gemeinde im Jahre 1963 sofort 16 neue und junge Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr bei. In diesem Jahr erwarben 18 aktive Wehrmänner die ersten Leistungsabzeichen in Bronze. Dieses Jahr 1963 war für die Wehr von weiterer Bedeutung, als erstmals die Rede war von der Anschaffung eines Tanklöschfahrzeuges. Einfach und schlicht wurde das 90-jährige Gründungsfest am 24. 11. 1963 gefeiert, an dem auch Herr Ignaz Wörle teilnahm, der seit 70 Jahren der Feuerwehr angehört hatte und inzwischen verstorben ist. Nach dem Kirchenzug mit anschließendem Festgottesdienst fand am Abend eine Feierstunde in der Brauereigaststätte Schimpfle statt, bei der Auszeichnungen für 50-jährige treue Dienste an Mitglieder erteilt wurden.
Ein Jahr später zählte der Verein immerhin 188 Mitglieder und im Oktober 1964 traf dann das neue Tanklöschfahrzeug ein, das dann ein Jahr später zusammen mit dem neuerbauten Rathaus am 24. 10 1965 eingeweiht wurde. Wie schon in der Gemeindechronik erwähnt, hatte der Rathausbau wegen der Unterbringung der Feuerwehr wiederholt einige heftige und lebhafte Debatten ausgelöst, die man jedoch an diesem für die Gemeinde wie für die Feuerwehr gleichermaßen denkwürdigen Tage vergessen hatte. Immerhin hatte der Landkreis gerade zur Beschaffung des Tanklöschfahrzeuges einen erheblichen Kostenaufwand beigesteuert wegen der besonderen Verdienste der Gessertshauser Feuerwehr im Löschwesen und des hohen Ausbildungsstandes. Nicht ohne Stolz konnte der damalige Bürgermeister Nerz deswegen das Fahrzeug bei dieser Feierstunde seiner Wehr übergeben. Stolz zeigte damals interessanterweise auch die Feuerwehr, wenn im Protokollbuch ausdrücklich die Rede ist, "von der alten ehrwürdigen Fahne der Wehr", 'die ja nunmehr durch eine neue Vereinsfahne abgelöst wird und beim 100-jährigen Gründungsfest geweiht wird. An dieser Stelle sei nicht nur den Spendern für diese Fahne, sondern auch den aktiven Wehrmännern gedankt, die durch ihren unermüdlichen Einsatz bei dieser Sammelaktion es erst ermöglicht haben, daß diese neue Fahne beschafft werden konnte. Gefertigt wurde diese Fahne durch die Niederbayerische Fahnenstickerei Kössinger in Schierling/Ndb. 

Recht kurz kann man die Zeit nach 1965 streifen, die ja noch allen in lebhafter Erinnerung sein wird. Sämtliche Wehrmänner haben inzwischen eine Leistungsprüfung abgelegt, einige besuchten die Feuerwehrschule in Regensburg, der Ausbildungsstand der Wehr ist dementsprechend gut. Seit der Anschaffung des Tanklöschfahrzeuges war die Wehr verständlicherweise häufiger als bisher in Einsätzen bei Brand- und Katastrophenfällen, aber auch die Ausrüstung der Wehr konnte durch die Gemeinde immer mehr vervollständigt werden. Neben den üblichen Ausrüstungsgegenständen wurde vor allem ein Trockenpulverlöschgerät und neuerdings ein Gruppenlöschfahrzeug gekauft. Das letztere wird ebenfalls bei der 100-Jahr-Feier geweiht werden. Bliebe dann letztlich nur noch zu sagen, daß damit die Freiwillige Feuerwehr Gessertshausen bezüglich der Ausrüstung und auch der Ausbidung fast den Idealzustand erreicht hat. Aus Altersgründen hatte auch der bisherige Vorstand Anton Dichtl einem jüngeren Mitglied Platz gemacht, nämlich dem bisherigen Kommandanten Martin Mayer, dessen Stelle seither Wilhelm Mayer einnimmt, während als Kassier Erwin Schweigert, als Schriftführer Hanspeter Peschel und als Stellvertreter des Kommandanten Hugo Mathy fungieren. Von der Arbeit des Festausschusses in einjähriger Tätigkeit zu berichten, wäre müßig, weiß doch jeder von der Vielzahl von Problemen und Aufgaben, die ein solches Fest mit sich bringt. Der schönste Dank für dieses Gremium wäre, wenn bei diesem Fest alle Gessertshauser zusammenstehen und zusammenhelfen und auf diese Weise den Gemeinschaftsgeist und das Zusammengehörigkeitsgefühl der gesamten Gemeinde verstärken und wieder zum Bewußtsein bringen.

 

Aufgezeichnet von Rudolf Oberlander, 1973